14. August 2023 | News | Neue Publikation

Gesunde Zuwanderer, ungesundes Altern: Gesundheitsentwicklung von Immigranten und Einheimischen

Jedes Jahr entscheiden sich Millionen von Menschen, in ein anderes Land zu ziehen und ihre Heimat zu verlassen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Menschen fliehen vor Krieg und Klimawandel oder folgen einer Arbeitsstelle in ein anderes Land. Doch was passiert mit der Gesundheit der Menschen, wenn sie ihre Heimat verlassen, um in einem anderen Land zu leben? Dieser Frage geht Su Yeong Jang, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), gemeinsam mit Anna Oksuzyan, Mikko Myrskylä, Frank J. van Lenthe (Erasmus MC University Medical Center) und Silvia Loi in ihrem Paper nach.

Der Umzug in ein anderes Land, weit weg von der Heimat, hat Auswirkungen auf die Gesundheit: Forscher*innen des MPIDR haben die Gesundheit von Migranten in Europa im Vergleich zu Einheimischen untersucht. © iStockphoto.com/PCH-Vector

In einer aktuellen Studie untersuchten Su Yeon Jang und ihre Kolleg*innen die Unterschiede in der altersbedingten Verschlechterung der Gesundheit zwischen Zuwanderern und Einheimischen eines Landes. Für den Vergleich wurde der Fokus auf die Anzahl chronischer Erkrankungen gelegt. Ausgewertet wurden Daten von Erwachsenen im Alter von 50 bis 79 Jahren aus 28 Ländern. Sie stammen aus dem Panel SHARE - Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe. Untersucht wurde die Entwicklung chronischer Erkrankungen mit zunehmendem Alter in Abhängigkeit von der Herkunftsregion der Migrant*innen und dem Zielland im Vergleich zu gleichaltrigen Einheimischen.

Schlechtere Gesundheit bei Migrant*innen

"Menschen, die neu in ein Land kommen, sind in der Regel gesünder als die Einheimischen. Gesündere Menschen sind eher bereit, sich auf eine solche Reise einzulassen, aber je länger Migranten in einem Land bleiben, desto schlechter wird ihr Gesundheitszustand. Wir fragen uns, welchen Beitrag das Altern zu diesen gesundheitlichen Veränderungen leistet", erklärt Jang. Die gesundheitliche Belastung von Migranten ist im Allgemeinen höher als die von Einheimischen, unabhängig von Geschlecht, Herkunfts- oder Zielland.

Verschlechterung der Gesundheit von Migrant*innen verlangsamt sich im Alter

"Wir haben jedoch festgestellt, dass Migrant*innen im Alter von 65 Jahren und älter chronische Krankheiten langsamer entwickeln als ihre einheimischen Kollegen", sagt Jang. "Es ist bereits bekannt, dass Menschen, die in Länder ziehen, in denen Rauchen oder Alkoholkonsum üblich sind, diese ungesunden Verhaltensweisen annehmen können. Es gibt aber auch Studien, die zeigen, dass sie eher zu gesunden Verhaltensweisen zurückkehren, zum Beispiel mit dem Rauchen aufhören, weniger Alkohol trinken und mehr Sport treiben, als gleichaltrige Einheimische", sagt sie. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass sich die Entwicklung chronischer Krankheiten verlangsamt.

Chronische Gesundheitsentwicklung unterschieden nach Herkunftsland und Einwanderungsland. © MPIDR

Kaum Unterschiede bei Migration ins nahe Ausland und ähnliche Kulturkreise

Migrant*innen machen auch unterschiedliche Erfahrungen, je nachdem, woher sie kommen oder wohin sie ziehen. Wenn Menschen beispielsweise in ein nahes oder benachbartes Land auswandern, das ihrer eigenen Kultur und Sprache sehr ähnlich ist, ist der Anpassungsstress an die Aufnahmegesellschaft niedriger. "Dies könnte erklären, was wir in unserer Studie gefunden haben, insbesondere in der Region Osteuropa, wo Migration in Nachbarländer üblich ist. Wie wir bereits wissen, nähert sich die Gesundheit von Migrant*innen nicht der von Einheimischen an, wenn sie weniger Stress ausgesetzt sind. In Osteuropa beobachten wir, dass sich der Gesundheitszustand von Migranten langsamer verschlechtert als der von Einheimischen", erklärt die Wissenschaftlerin.

Gesundheit nimmt fern der Heimat am schnellsten ab

Das Paper ist Teil der Dissertation von Su Yeong Jang. Sie wird das Thema in weiteren Studien untersuchen: "Es gibt Unterschiede innerhalb der Migrantengruppen. Menschen, die aus Asien oder Amerika nach Europa kommen, erkranken schneller und häufiger an chronischen Krankheiten als Migranten insgesamt. Das deutet darauf hin, dass die Herkunft einen Einfluss auf die Gesundheit haben kann. Je weiter weg von der Heimat und je größer die sozialen Unterschiede zwischen Herkunfts- und Zielland sind, desto höher ist das Risiko einer chronischen Erkrankung", so Jang.

Originalpublikation

Jang, Su Yeon;Oksuzyan, Anna; Myrskylä, Mikko; van Lenthe, Frank J.; Loi, Silvia: Healthy Immigrant, Unhealthy Ageing? Analysis of Health Decline among Older Migrant and Natives Across European Countries in SSM - Population Health. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ssmph.2023.101478

Autoren und Affiliationen

Su Yeon Jang, Max Planck Institute for Demographic Research, Rostock, Germany; Erasmus MC University Medical Center, Rotterdam, Netherlands

Anna Oksuzyan, Max Planck Institute for Demographic Research, Rostock, Germany; Bielefeld University, Bielefeld, Germany

Mikko Myrskylä, Max Planck Institute for Demographic Research, Rostock, Germany; University of Helsinki, Helsinki, Finland; Max Planck – University of Helsinki Center for Social Inequalities in Population Health, Rostock, Germany and Finland, Helsinki

Frank J. van Lenthe, Erasmus MC University Medical Center, Rotterdam, Netherlands

Silvia Loi, Max Planck Institute for Demographic Research, Rostock, Germany; Max Planck – University of Helsinki Center for Social Inequalities in Population Health, Rostock, Germany and Finland, Helsinki

Keywords 

Migranten; Chronische Erkrankungen; Längsschnitt; Fixed-effects models; Europa

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