10. November 2014 | News | Neue Datenbank

COMPADRE: Weltweiter Schub für Pflanzendemografie

© judigrafie / photocase.com

Eine neue Datenbank mit demografischen Informationen für eine bisher einmalige Vielzahl von Pflanzen ging heute unter dem Namen „COMPADRE Plant Matrix Database“ online unter www.compadre-db.org.

Die Open-Access-Datenbank, die entscheidend vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock unterstützt und aufgebaut wurde, erlaubt Wissenschaftlern, eine ganze Reihe offener Fragen zu Ökologie und Evolution der Pflanzenwelt zu beantworten. „Eine der wichtigsten Anwendungen dürften Projektionen sein, die zeigen, wie Pflanzenpopulationen auf den Klimawandel oder andere Bedrohungen aus der Umwelt reagieren“, sagt Alexander Scheuerlein, Biodemograf und COMPADRE-Ansprechpartner am MPIDR.

Die neue Datenbank enthält Angaben zur Fortpflanzung (sexuell oder klonal), Überlebenswahrscheinlichkeiten und Wachstum für momentan etwa 600 Arten in fast zehn mal so vielen Matrizen. Diese Matrizen beinhalten die demografischen Daten in so genannten „matrix population models“ (MPM). Jedes dieser Modelle beschreibt eine Pflanzenart unter bestimmten Bedingungen wie Umwelteinflüsse oder geografischer Position der Population.

600 weltweit verteilte Pflanzenarten in einer Datenbank

"COMPADRE baut damit auf dem wegweisenden Prinzip der Matrix-Modelle auf, entwickelt von Hal Caswell (Woods Hole Oceanographic Institution, Massachusetts, USA and University of Amsterdam, Netherlands): Die demografischen Werte sind in den Matrizen nicht nach Alter angeordnet – wie etwa in den demografischen Sterbetafeln von Menschen – sondern nach den Stufen im Lebensverlauf der Pflanze.

Denn während sich beim Menschen demografischen Indikatoren wie etwa die Überlebens- bzw.- Sterbewahrscheinlichkeit eher kontinuierlich mit dem Alter ändern, gibt es die stärksten Veränderungen bei Pflanzen, wenn sie von einem Lebensstadium ins nächste übergehen. Zum Beispiel unterscheiden sich die Werte abhängig davon, ob sich die Pflanze noch im Boden als austriebfähiger Keimling befindet, ob sie in einer Ruhephase des Wachstums ist, oder ob sie bereits aktiv Photosynthese betreibt.


Gute globale Abdeckung: Geografische Herkunft der Populationen in den derzeit 5.621 matrix population models (MPMs) in COMPADRE (Stand 10. November 2014). Die Punkte geben die ungefähren Koordinaten jeder Studien-Population an (wenn verfügbar). © MPIDR, Roberto Salguero-Gómez et al.

„Die große Leistung von COMPADRE ist, dass wir erstmals Pflanzendaten von Hunderten Studien aus allen Teilen der Welt sammeln konnten, die bisher nur an vielen verschiedenen Orten einzeln vorlagen“, sagt Alexander Scheuerlein. „Wir haben sie alle digitalisiert und stellen sie in einer einzigen Online-Datenbank frei zur Verfügung.“ Rund um den Globus hatten Forscher zuvor viele Jahre lang geholfen, die Daten zusammenzutragen und aufzubereiten, koordiniert durch den Forschungsleiter Roberto Salguero-Gómez am MPIDR in Rostock und am ARC Centre of Excellence for Environmental Decisions (CEED) in Australien.

Gleichzeitig mit dem Online-Portal veröffentlichten die Wissenschaftler die einführende wissenschaftliche Studie The COMPADRE Plant Matrix Database: an Open Online Repository for Plant Demography im Journal of Ecology.

An vorderster Front der Forschung mit Matrix Population Models

Die grundlegenden Informations-Einheiten in COMPADRE sind die Matrizen der MPM. Jedes dieser Modelle beschreibt die Dynamik einer Pflanzenpopulation als eine Kombination von drei Prozessen: Überleben (inklusive Stasis und Retrogression), sexuelle und klonale oder vegetative Fortpflanzung. Um die Modelle besser interpretieren zu können, enthält COMPADRE darüber hinaus Informationen, die spezifisch für die entsprechende Studie oder Matrix sind, wie etwa Versuchsbedingungen (z.B. Feuerregime, Beweidung), Ökoregion, Wachstumsform, Taxonomie und Phylogenie.

Obwohl COMPADRE bereits jetzt sehr viel mächtiger ist als jede andere Datenbank zur Pflanzendemografie, ist die aktuelle Version erst der Anfang. Weitere Arten und Matrizen werden in zukünftigen Versionen auf derselben Website zur Verfügung stehen.

Für MPIDR-Demograf Alexander Scheuerlein eröffnet die neue Datenbank aufregende Möglichkeiten speziell für die Grundlagenforschung. „Diese Daten sind entscheidend, um zu verstehen, wie ökologische Bedingungen die Evolution der Pflanzen beeinflusst haben“, sagt Scheuerlein. Insbesondere könnte Forschung mit COMPADRE mehr verraten über das „negative Altern “ (negative senescence) bei Pflanzen, einem der verblüffendsten Phänomene der derzeitigen Biodemografie: Es gibt Arten, deren Wahrscheinlichkeit zu sterben abnimmt, je älter sie werden.

Weitere Informationen

Wissenschaftler, die Daten zu COMPADRE beitragen möchten, oder Hilfe und Informationen suchen, können sich per E-Mail an compadre-contact@demogr.mpg.de wenden

Veröffentlichung:
The COMPADRE Plant Matrix Database: an Open Online Repository for Plant Demography, Journal of Ecology (DOI: 10.1111/1365-2745.12334)

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