29. August 2024 | News | BLICKPUNKT

Bessere Bekämpfung von Übergewicht bei Kindern könnte soziale Ungleichheiten in der psychischen Gesundheit mindern

[BLICKPUNKT]

Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Verringerung von Adipositas bei Kindern emotionale Ungleichheiten reduzieren könnte. Soziale Ungleichheiten in der psychischen Gesundheit von Jugendlichen sind auch durch die ungleiche Verteilung des starken Übergewichts im Kindesalter zu erklären. Kinder aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status (SES) haben mehr emotionale Probleme, weil die Adipositas-Raten in dieser Gruppe höher sind. Es gibt jedoch keine Hinweise, dass Adipositas in bestimmten sozioökonomischen Gruppen schädlichere Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat als in anderen.

Forscher*innen haben die Auswirkungen von Übergewicht auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund untersucht. © iStockphoto.com / Dusan Stankovic

Eine Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR), der Erasmus Universität Rotterdam, der Universität Groningen und der Generation-R-Studie des Erasmus MC, University Medical Center, Rotterdam, hat gezeigt, dass die Vorbeugung gegen Adipositas bei Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien dazu beitragen könnte, Probleme in der mentalen Gesundheit junger Heranwachsender aus dieser Gruppe zu verringern.

Die Forscher*innen haben untersucht, ob die ungleiche Verteilung von Adipositas im Kindesalter zwischen verschiedenen sozioökonomischen Positionen die mentale Gesundheit junger Heranwachsender beeinflusst. „Eine starke Motivation für diese Studie war, dass sowohl Probleme in der mentalen Gesundheit als auch starkes Übergewicht häufiger bei Kindern auftreten, die in Familien mit geringerem sozioökonomischem Status aufwachsen. Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst die Ungleichheit in der mentalen Gesundheit. Wir haben uns bei der Untersuchung auf den Faktor Übergewicht konzentriert“, erklärt Maria Gültzow, Autorin der Studie und Wissenschaftlerin am MPIDR. Geprüft wurde, ob die mentale Gesundheit von Kindern aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status (SES) stärker von Adipositas betroffen ist, als bei Kinder aus wohlhabenderen Familien.

An der Studie nahmen 4.660 Kinder aus der Generation-R-Studie teil, einer bevölkerungsbasierten Studie in den Niederlanden. Der sozioökonomische Status (SES) wurde anhand der Bildung der Mutter und des Haushaltseinkommens bestimmt. Der Einfluss von Adipositas auf die psychische Gesundheit wurde mit Hilfe spezieller statistischer Modelle analysiert. „Wir haben untersucht, ob die Unterschiede in der psychischen Gesundheit darauf zurückzuführen sind, dass es in der Gruppe der Familien mit niedrigerem Einkommen mehr Kinder mit starkem Übergewicht gibt, oder ob der Umgang mit Adipositas in den verschiedenen Einkommens-Gruppen unterschiedlich ist“, erklärt Maria Gültzow.

Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder von Müttern mit geringerer Bildung und aus Haushalten mit niedrigerem Einkommen tendenziell mehr emotionale und Verhaltens-probleme haben. "Kinder mit den am wenigsten gebildeten Müttern und dem niedrigsten Haushaltseinkommen haben mehr emotionale und Verhaltensprobleme als Kinder mit den am besten gebildeten Müttern und dem höchsten Haushaltseinkommen", so Gültzow. "Die Unterschiede bei den emotionalen Problemen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass Übergewicht bei Kindern in den verschiedenen sozialen Einkommensgruppen ungleich verteilt ist. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass diese Unterschiede bei psychischen Problemen damit zusammenhängen, dass Übergewicht für Kinder aus einkommensschwachen Familien schädlicher für die mentale Gesundheit ist", fügt sie hinzu.

„Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass Maßnahmen zur Reduzierung von Adipositas bei Kindern aus sozioökonomisch benachteiligten Familien dazu beitragen könnten, emotionale Ungleichheiten in der frühen Adoleszenz zu verringern. Maßnahmen gegen starkes Übergewicht zielen jedochoft nur auf Einzelpersonen ab. Soziale Ungleichheiten in Bezug auf Adipositas werden dadurch nicht unbedingt verringert, sondern manchmal sogar verschärft. Der soziale Kontext und die Ursachen dieser Ungleichheiten bleiben bei diesen Maßnahmen oft unberücksichtigt. Stattdessen könnten Maßnahmen, die auf die Gesamtbevölkerung und verschiedene Gesundheits- und Sozialbereiche abzielen, die Ungleichheiten in Bezug auf Adipositas und mentale Gesundheit deutlich verringern“, erklärt Maria Gültzow abschließend.

Reingehört

Maria Gültzow war zu Gast im EpiTalk-Podcast, um über ihre Veröffentlichung zu sprechen. Hier reinhören (in Englisch).

Originalpublikation

Maria Gueltzow, Joost Oude Groeniger, Maarten J. Bijlsma, Pauline W. Jansen, Tanja A.J. Houweling, Frank J. van Lenthe: Childhood obesity's influence on socioeconomic disparities in young adolescents’ mental health in Annals of Epidemiology (2024), DOI: 10.1016/j.annepidem.2024.04.003

Keywords

Psychische Gesundheit; Soziale Schicht; Fettleibigkeit; Kind; Jugendlicher; Vierfache Dekomposition; Kausale Dekomposition

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