05. Dezember 2024 | News
Bildungsniveau sagt Geburtenentwicklung in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften voraus
Studie: Zunehmende Fertilität bei Frauenpaaren in Finnland
Eine neue Studie der Universität Helsinki und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) hat die Fertilitätstrends bei gleichgeschlechtlichen Frauenpaaren in Finnland untersucht. Die Daten zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von fünf Jahren ein Kind zu bekommen, bei Paaren, die ihre Partnerschaft zwischen 2002 und 2016 eintragen ließen, deutlich gestiegen ist: von 20 % auf 45 %. Dieser Trend war bei Paaren mit höherem Bildungsniveau besonders ausgeprägt, während die Wahrscheinlichkeit bei Paaren mit niedrigerem Bildungsniveau abnahm. Trotz der Unterstützung durch die finnische Gesetzgebung gibt es nach wie vor große Unterschiede beim Zugang zur Elternschaft. Damit wird die Notwendigkeit unterstrichen, die verbleibenden Hindernisse für die Geburt von Kindern zu beseitigen, insbesondere vor dem Hintergrund sinkender Geburtenraten.
Finnland: Bei gleichgeschlechtlichen weiblichen Paaren, die zwischen 2002 und 2016 registriert wurden, stieg die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von fünf Jahren nach der Registrierung der Partnerschaft ein Kind zu bekommen, von 20 % auf 45 %. © istockphoto.com / bernardbodo
Während über die Fertilität verheirateter heterosexueller Paare viel geforscht wurde, wurde den Erfahrungen gleichgeschlechtlicher Paare weit weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Wie viele Kinder bekommen zum Beispiel Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften? Eine neue Studie der Universität Helsinki und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) untersucht, wie sich die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in Finnland ein Kind bekommen, in den letzten Jahren entwickelt hat und wie Bildung diese Wahrscheinlichkeit beeinflusst. Die Forscher*innen Maria Ponkilainen, Elina Einiö, Marjut Pietiläinen und Mikko Myrskylä analysierten Daten aus dem finnischen Bevölkerungsregister, die von Statistics Finland zur Verfügung gestellt wurden. Die Analyse umfasste Daten zu gleichgeschlechtlichen weiblichen Paaren, die zwischen 2002 und 2016 eine eingetragene Partnerschaft eingegangen waren.
Die Studie ergab, dass die Wahrscheinlichkeit, dass weibliche Paare innerhalb von fünf Jahren nach der Registrierung ihrer Partnerschaft ein Kind bekommen, von 20 Prozent bei denjenigen, die sich zwischen 2002 und 2006 registrierten, auf 45 Prozent bei denjenigen, die sich zwischen 2012 und 2016 registrierten, anstieg. „Dieser Anstieg war besonders signifikant bei Paaren mit hohem Bildungsniveau und in geringerem Maße bei Paaren mit mittlerem Bildungsniveau. Gleichzeitig ist sie bei Paaren mit niedrigem Bildungsniveau zurückgegangen“, erklärt Maria Ponkilainen.
Die Bildungskluft bei der Geburt von Kindern hat sich im Beobachtungszeitraum dramatisch verschoben. Ponkilainen fährt fort: „Bei Paaren, die ihre Partnerschaft zwischen 2002 und 2006 eintragen ließen, war die Wahrscheinlichkeit, ein Kind zu bekommen, bei Paaren mit niedrigem Bildungsniveau am höchsten. Im Gegensatz dazu war bei Paaren, die ihre Partnerschaft später registrierten, die Wahrscheinlichkeit, Eltern zu werden, bei Paaren mit hohem Bildungsniveau am höchsten“, sagt Ponkilainen. Bildungsunterschiede in der Fertilität wurden nur geringfügig durch das Einkommensniveau der Paare erklärt.
Frauenpaare mit einem höheren Bildungsgrad habe eine größere Wahrscheinlichkeit in den ersten fünf Jahren ihrer registrierten Partnerschaft, ein Kind zubekommen.
Über die Faktoren, die zu diesen Trends beitragen, können die Forscher*innen nur spekulieren. „Eine Erklärung könnte die Legalisierung von Fertilitätsbehandlungen für gleichgeschlechtliche Paare im Jahr 2007 sein. Weibliche Paare haben nun bessere Chancen, schwanger zu werden, ohne eine dritte Person in das Elternnetzwerk einzubeziehen. Der Zugang zu diesen Behandlungen erfordert jedoch erhebliche sozioökonomische Ressourcen“, sagt Ponkilainen.
Gleichgeschlechtliche Ehen sind in Finnland seit 2017 legal. In der Studie wurden nur weibliche Paare untersucht, die ihre Partnerschaft registriert haben, da gleichgeschlechtliche Paare, die ihre Partnerschaft nicht registriert haben, in den finnischen Verwaltungsregistern nicht erfasst werden. „Daher konnten wir nicht untersuchen, ob es Selektionseffekte für eingetragene Partnerschaften gibt oder ob es einen Zusammenhang zwischen der Registrierung von Partnerschaften und der Familienplanung gibt. Es könnte sein, dass Paare, die sich Kinder wünschen, auch einen Anreiz haben, ihre Partnerschaft registrieren zu lassen“, sagt die Wissenschaftlerin.
Trotz dieser Einschränkungen bieten die Ergebnisse einen ersten tieferen Einblick in die Geburtenmuster gleichgeschlechtlicher Paare. Obwohl die finnische Gesetzgebung gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Elternschaft anerkennt und damit den Zugang zum Familienleben mit Kindern verbessert, konnten nicht alle gleichgeschlechtlichen Paare gleichermaßen von diesen neuen Möglichkeiten profitieren. Die zunehmende Ungleichheit in der Wahrscheinlichkeit, Kinder zu bekommen, zwischen Paaren mit unterschiedlichem Bildungsniveau könnte auf zugrunde liegende Hindernisse für die Familiengründung hindeuten. „Angesichts insgesamt sinkender Geburtenraten ist es wichtig, diese Hindernisse abzubauen“, erklärt Ponkilainen. Zum Vergleich: Bei heterosexuellen Paaren, die zwischen 2002 und 2016 geheiratet haben, lag die Wahrscheinlichkeit, in den ersten fünf Jahren ein Kind zu bekommen, bei rund 70 Prozent und damit deutlich höher als bei Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die Zukunft wird zeigen, ob die Geburtenrate bei heterosexuellen Paaren weiter sinkt und die Geburtenrate bei weiblichen Paaren weiter steigt.
Original Publikation
Maria Ponkilainen, Elina Einiö, Marjut Pietiläinen, Mikko Myrskylä: Educational Differences in Fertility Among Female Same-Sex Couples in Demography (2024), DOI: 10.1215/00703370-11687583