22. Mai 2025 | News | LinkedIn-Daten analysiert
Gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, wenn sie wegen eines Jobs umziehen?
Weltweit wandern ebenso viele Frauen wie Männer für einen Job aus
Ein Team des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) hat anhand von Daten auf LinkedIn's Advertising and Recruiter-Plattform die berufliche Migration von Männern und Frauen in 48 Ländern untersucht. Das Team stellte fest, dass zwar Männer häufiger auswandern möchten als Frauen, weltweit jedoch ebenso viele Frauen wie Männer aus beruflichen Gründen auswandern.

Die Zahl der Menschen, die Migrationsabsichten äußern, ist etwa fünfmal so hoch wie die Zahl der Fachkräfte, die tatsächlich umgezogen ist. © istockphoto.com/Imagesines
- Geschlechterparität: Männer sind deutlich offener für einen Umzug ins Ausland als Frauen. Die beobachteten Migrationsraten bleiben jedoch ausgewogen.
- Mehr Frauen: In wichtigen Zielländern wie den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Australien und Frankreich gibt es mehr zugezogene weibliche Fachkräfte.
- Migrationswunsch: Insgesamt ist die Zahl der Menschen, die einen Migrationswunsch äußern, etwa fünfmal so hoch wie die Zahl der Menschen, die kürzlich aus beruflichen Gründen umgezogen sind.
Die Migration von Fachkräften ist ein wachsendes Phänomen, doch die geschlechtsspezifischen Unterschiede in diesem Bereich sind noch wenig erforscht. Ein Team von Forschenden des MPIDR hat untersucht, ob Männer und Frauen in ähnlichem Umfang migrieren und wie sich ihre Migrationsabsichten und ihre tatsächliche Mobilität unterscheiden. „Das Verständnis dieser Muster ist entscheidend für die globale Personalplanung, die Gleichstellungspolitik und die Trends auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Daniela Perrotta, Mitautorin der neuen Studie und Forscherin am MPIDR.
Die in der Fachzeitschrift Population and Development Review veröffentlichte Studie untersucht anhand von LinkedIn-Daten geschlechtsspezifische Unterschiede in der internationalen Migration von Fachkräften. LinkedIn bietet die Möglichkeit, aktuelle Trends anhand von Daten aus den Jahren 2022 und 2023 zu analysieren. Diese Daten erfassen Informationen über mehr als eine Milliarde LinkedIn-Nutzer weltweit und liefern wertvolle Einblicke in das Verhalten von Fachkräften bei der Jobsuche und beim Umzug ins Ausland. „Wir haben die Nutzerzahlen aus LinkedIn-Profilen in Englisch, Tschechisch, Französisch, Deutsch, Indonesisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Polnisch, Portugiesisch, Russisch und Spanisch erfasst. Unsere Ergebnisse liefern eine detaillierte Analyse für 48 Länder“, sagt MPIDR-Mitautor Tom Theile.
Nach der Erhebung anonymisierter und aggregierter Daten, aus denen sich keine Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen lassen, verwendete das Team zwei Kennzahlen, den Immigrant und den Emigrant Gender Gap Index, um geschlechtsspezifische Unterschiede in den beruflichen Migrationsströmen zu messen. Insgesamt stellten die Forschenden fest, dass die Zahl der Menschen, die Migrationsabsichten äußern, etwa fünfmal so hoch ist wie die Zahl der kürzlich umgesiedelten Fachkräfte.

© MPIDR
Grafik herunterladen (PNG-Datei, 753 kB)
Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die weltweite Zahl der zugewanderten Fachkräfte geschlechterparitätisch ist, das heißt, dass ebenso viele Frauen wie Männer aus beruflichen Gründen migrieren. In wichtigen Zielländern wie den Vereinigten Staaten, Australien, dem Vereinigten Königreich und Frankreich sind weibliche Fachkräfte sogar in der Überzahl. Branchen wie das Finanzwesen, das Gesundheitswesen und die Immobilienbranche treiben diesen Anstieg der Mobilität von Frauen voran.
Bei der Untersuchung der Migrationsabsichten zeigt sich jedoch ein deutlicher Unterschied: Männer sind wesentlich offener für einen Umzug ins Ausland als Frauen. Trotz dieser Erkenntnis bleiben die beobachteten Migrationsraten ausgeglichen. Dies deutet darauf hin, dass Männer zwar eher zu Migration neigen, strukturelle Faktoren oder Entscheidungsdynamiken das tatsächliche Migrationsverhalten jedoch ausgleichen. „Unsere Studie ist eine der ersten, die LinkedIn-Daten in diesem Umfang nutzt, um geschlechtsspezifische Unterschiede in der beruflichen Migration zu quantifizieren, und damit eine neue Perspektive auf globale Mobilitätstrends bietet”, sagt MPIDR-Mitautorin Athina Anastasiadou.
Im Vergleich zur gesamten Erwerbsbevölkerung sind Migrantinnen in männerdominierten Branchen überrepräsentiert
Traditionell stützen sich Migrationsstudien auf Verwaltungsunterlagen oder Umfragen, denen oft detaillierte Echtzeitinformationen auf Branchenebene fehlen. Obwohl die Forschung zur Migration von Fachkräften zugenommen hat, sind geschlechtsspezifische Unterschiede in der beruflichen Mobilität nach wie vor wenig untersucht, besonders wenn groß angelegte Echtzeitdaten verwendet werden. Diese Vorteile von LinkedIn zu nutzen, wirft ein neues Licht auf geschlechtsspezifische Unterschiede in Migrationsabsichten und -verhalten und vertieft das vorhandene Wissen über die Selektivität weiblicher Fachkräfte in verschiedenen Branchen und nationalen Kontexten.
Die Ergebnisse zeigen neue Trends bei der Feminisierung der Arbeitsmigration. Sie deuten darauf hin, dass weibliche Fachkräfte in wichtigen Zielländern wie den Vereinigten Staaten, Australien, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutschland, insbesondere in Branchen wie Beratung, Finanzen und Technologie, positiv selektiert werden könnten. Im Vergleich zur Gesamtzahl der Fachkräfte sind Migrantinnen in diesen männerdominierten Branchen überrepräsentiert. In den Vereinigten Staaten beispielsweise sind 59 Prozent der in der Technologiebranche beschäftigten Migrant*innen Frauen, verglichen mit 44 Prozent der gesamten LinkedIn-Bevölkerung.
Die Ergebnisse bieten neue Einblicke in die Wünsche, das Verhalten und die Selektivität von Frauen, die aus beruflichen Gründen und nicht als Ehepartnerinnen zusammen mit ihrem Mann migrieren. „Wir möchten unser Verständnis der geschlechtsspezifischen Dynamik der Migration von Fachkräften verbessern. Gleichzeitig liefern unsere Analysen auch Informationen für politische Entscheidungsträger*innen, die auf der Grundlage unserer Erkenntnisse zu geschlechtsspezifischen Mustern die Migrationspolitik verfeinern können. Mit der Veröffentlichung unserer Forschungsergebnisse möchten wir zu einer evidenzbasierten Entscheidungsfindung beitragen, die einen gleichberechtigten Zugang zu internationalen Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und Männer fördert“, sagt Emilio Zagheni, MPIDR-Direktor und Mitautor der Studie.
Originalpublikation
Jacobs, E., Theile, T., Perrotta, d., Zhao, X., Anastasiadou, A., Zagheni, E.: Global Gender Gaps in the International Migration of Professionals on LinkedIn. Population and Development Review (2025). DOI: 10.1111/padr.70012
Keywords
Migration, Fachkräfte, LinkedIn, Geschlecht, Digital Trace Data