22. Mai 2014 | News

Heirat schützt vor Trennung nicht

Nicht die Ehe, sondern die Dauer der Partnerschaft vor dem ersten Kind entscheidet über die Stabilität einer Beziehung. © pip / photocase.com

Fehlende religiöse und eheliche Bindungen erhöhen das Trennungsrisiko - zu diesem Ergebnis kommen einige wissenschaftliche Studien. Diese Annahmen konnte die Wissenschaftlerin Christine Schnor nun in ihrer Promotion widerlegen. Sie fand einen anderen Faktor der ausschlaggebend ist für die Stabilität einer Beziehung.

Fehlende religiöse und eheliche Bindung erhöhen das Trennungsrisiko – zu diesem Ergebnis kommen eine Vielzahl an Untersuchungen. Die vielbeachtete Theorie des Zweiten Demografischen Wandels postuliert sogar einen gesellschaftlichen Zusammenhang: Die allgemeine Loslösung der Gesellschaft von der Kirche habe zur Folge, dass es immer mehr nichteheliche Partnerschaften gebe und zudem die Trennungsraten ansteigen.

Diese Zusammenhänge stellte Christine Schnor in ihrer Dissertation grundsätzlich in Frage. In ihrer Promotionsarbeit untersuchte sie das Trennungsverhalten von jungen Paaren- vor allem von ost- und westdeutschen Paaren mit Kindern.

Denn Ostdeutsche und Westdeutsche unterscheiden sich, was Glaube, Familiengründung und Partnerschaften angeht, sehr stark: Ostdeutsche sind wesentlich häufiger konfessionslos und bekommen häufiger Kinder außerhalb der Ehe als Westdeutsche, aber auch als die meisten anderen Europäer. Die außergewöhnliche regionale Heterogenität macht Deutschland zu einem interessanten Untersuchungsobjekt für die familiendemografische Forschung. Die genannten Unterschiede müssten - schenkt man der Theorie Glaube - dazu führen, dass sich die Stabilität von ost- und westdeutschen Partnerschaften unterscheidet.

In ihrer Arbeit nutzte Christine Schnor Daten aus dem so genannten pairfam-Panel, einer aufwendigen Längsschnittstudie in der seit 2008 über 12.000 Menschen bestimmter Jahrgänge, sowie deren Partner, Eltern und Kinder aus der ganzen Bundesrepublik jährlich befragt werden. Die Studie ist weltweit einmalig und ermöglicht den Forschern sehr genau zum Beispiel Partnerschafts- und Generationenbeziehungen sowie Fertilität in unterschiedlichen Lebensphasen zu untersuchen.

Christine Schnor konnte in ihrer Arbeit zeigen, dass sich ost- und westdeutsche Eltern nicht in ihrer Beziehungsstabilität unterscheiden, trotz ihres unterschiedlichen Kontextes. Vielmehr wirken Religion und Lebensform unterschiedlich auf das Trennungsverhalten von Ost- und Westdeutschen: Die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche erhöht die Beziehungsstabilität von ostdeutschen Paaren mit Kindern, sie hat jedoch keinen Effekt auf das Trennungsrisiko westdeutscher Eltern.

Paare, die zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes nicht verheiratet waren, trennen sich seltener, wenn sie in Ostdeutschland leben. Teilweise erklären Selektionseffekte das hohe Trennungsrisiko von westdeutschen unverheirateten Eltern. So geht ihnen eine kürzere Beziehungsdauer vor der Familiengründung voraus als verheirateten oder ostdeutschen unverheirateten Eltern. Demnach ist die Zeit, die das Paar vor dem ersten gemeinsamen Kind miteinander verbracht hat, ein Indikator dafür, ob ein Paar auch nach der Geburt des Kindes zusammenbleibt. Je kürzer diese Episoden ausfallen, desto wahrscheinlicher die spätere Auflösung der Beziehung. Obwohl für die Datenanalyse nur die individuellen Informationen für einen der Partner vorlagen, lassen die Ergebnisse wichtige Schlussfolgerungen zu.

„Der Zusammenhang der Verbreitung von Säkularität, nichtehelichen Partnerschaftsformen und hohen Trennungsraten ist zumindest für die untersuchten deutschen Geburtsjahrgänge widerlegt,“ sagt Wissenschaftlerin Christine Schnor. „Die Partnerschaftsdauer ist die wichtige Einflussgröße und die sollte in künftigen Untersuchungen mehr Beachtung verdienen.“
 

Christine Schnor hat ihre Doktorarbeit mit dem Titel "Partnerschafts- und Familiengründungskontexte als Determinanten der Beziehungsstabilität" erfolgreich verteidigt am 22. Mai an der Universität Rostock erfolgreich verteidigt. Die Arbeit wurde von Michaela Kreyenfeld (MPIDR) and Heike Trappe (Universität Rostock) betreut. Christine Schnor hat drei Jahre am MPIDR in der Arbeitsgruppe Soziale und Ökonomische Demografie gearbeitet. Im Oktober 2013 wechselte sie an die Vrije Universiteit Brussel.

Kontakt

Leiterin des Arbeitsbereichs Öffentlichkeitsarbeit und Publikationen

Silvia Leek

E-Mail

+49 381 2081-143

Redakteurin Wissenschaftskommunikation

Silke Schulz

E-Mail

+49 381 2081-153

Was nun?

Zur Startseite

Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock ist eines der international führenden Zentren für Bevölkerungswissenschaft. Es gehört zur Max-Planck-Gesellschaft, einer der weltweit renommiertesten Forschungsgemeinschaften.