10. Februar 2015 | News

Höher gebildete Menschen sind im Alter weniger häufig pflegebedürftig

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In einer Studie zeigt MPIDR-Forscherin Olga Grigorieva auf, dass gebildetere Menschen weniger häufig pflegebedürftig werden als Menschen mit geringerem Bildungsgrad.

Olga Grigorieva untersuchte, inwieweit der sozioökonomische Status einer Person Einfluss darauf hat, ob diese Pflegeleistungen im Alter in Anspruch nimmt oder nicht. Diese Art von Untersuchungen sind für Politik und Gesellschaft in den industrialisierten Ländern interessant, weil diese Länder mit ihrer wachsenden Zahl älterer Menschen vor der Frage stehen, wie die Pflege finanziert werden soll. Zu wissen, wie das Bildungsniveau in einem Land ist und welchen Einfluss diese Bildung auf die Inanspruchnahme von Pflegeleistungen hat, ist hilfreich, um den Bedarf an Pflegeleistungen und die damit verbundenen Kosten abzuschätzen.

Publiziert wurde die Studie in dem Buch Health Among the Elderly in Germany - New Evidence on Disease, Disability and Care Need (Beiträge zur Bevölkerungswissenschaft Bd. 46, 11/2014)

Olga Grigorievas Arbeit unterscheidet sich in mehreren Punkten von bisher zu dem Thema veröffentlichten Studien: Erstmalig untersuchte sie den Faktor Bildung, um herauszufinden, ob dieser ursächlich dafür ist, ob ältere Menschen pflegebedürftig werden oder nicht. Zudem bezog sie in ihre Untersuchungen sowohl Menschen mit ein, die zu Hause leben, als auch Menschen, die in Pflegeheimen leben. Dafür nutzte sie Daten  des deutschen Mikrozensus aus den Jahren 2001 bis 2004. Ihre Stichprobe umfasste Menschen, die zum Untersuchungszeitpunkt 65 Jahre  oder älter waren. Um zu wissen, ob eine Person aus ihrer Stichprobe pflegebedürftig ist, überprüfte sie, ob die entsprechende Person Pflegegeld bekam.

In einem ersten Schritt untersuchte sie die so genannte Inzidenz,  also der Anteil der Menschen, die in dem untersuchten Jahr erstmalig Leistungen aus der Pflegekasse beziehen. Dann untersuchte sie die Prävalenz, die angibt, wieviele Menschen der Stichprobe langfristig Pflege in Anspruch nimmt. Sowohl für die Inzidenz als auch für die Prävalenz wollte sie wissen, ob sie je nach Bildungsgrad unterschiedlich ausfielen. Außerdem schaute sie sich an, ob es Unterschiede in der Pflegebedürftigkeit zwischen Männern und Frauen und Ost und West gibt.

Olga Grigorievas Ergebnisse zeigen auf, dass sowohl bei der Inzidenz als auch bei der Prävalenz der Bildungsgrad eine Rolle spielte, wobei der Effekt größer bei der Prävalenz ist als bei der Inzidenz. Sie stellte fest, dass es zwischen den Geschlechtern keinen Unterschied in der Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu werden gibt. Der Zusammenhang zwischen Bildung und dem in Anspruch nehmen von Pflegeleistungen ist stärker ausgeprägt bei Männern als bei Frauen. Grund hierfür könnten die größeren sozioökonomischen Ungleichheiten in der Gesundheit bei Männern sein. Was die regionale Unterschiede angeht, konnte sie aufzeigen, dass im Osten ältere Menschen häufiger Pflege benötigen als die Menschen im Westen - und das gilt sowohl für Männer als auch für Frauen.

Die Wissenschaftlerin fand noch einen weiteren Faktor, der die Wahrscheinlichkeit, ob jemand pflegebedürftig wird, stark beeinflusst: der Familienstand. Was die Inzidenz angeht, führt eine Veränderung des Familienstandes dazu, dass das Risiko pflegebedürftig zu werden stark ansteigt. In diesem Punkt unterscheiden sich zudem Männer und Frauen stark: Bei alleinstehenden Männern verzweifacht sich bei Männern das Risiko, Pflegeleistungen in Anspruch zu nehmen (exakt 2,3 Mal) im Vergleich zu verheirateten Männern. Auch bei den Frauen steigt das Risiko, pflegedürftig zu werden, wenn sie verwitwet sind, allerdings nicht ganz so stark: Im Schnitt beanspruchen sie 1,3 Mal häufiger Pflegeleistungen als verheiratete Frauen.

Olga Grigorievas Ergebnisse zeigen, dass wir unsere Berechnungen dazu, welche Summe wir benötigen, um die Kosten einer alternden Gesellschaft zu decken, differenzierter betrachten müssen. Doch mit dem Ableiten von Schlussfolgerungen aus diesen Ergebnissen muss man vorsichtig sein, warnt Olga Grigorieva: „Wir wissen nicht, ob Menschen mit höherer Bildung weniger Kosten verursachen, weil sie gesünder sind, oder ob sie insgesamt mehr Kosten verursachen, weil sie länger leben als die Menschen mit weniger Bildung.“

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