21. März 2012 | News | Neue Veröffentlichung

Wie alt ist dieses Tier?

Wie alt ist dieses Tier wirklich? Diese Frage stellen sich Freiland-Ökologen häufig, wenn sie altersspezifische Überlebenswahrscheinlichkeiten von Wildtier-Populationen bestimmen müssen. Üblicherweise werden die Daten hierfür mit Hilfe der so genannten Fang-Wiederfang-Methode gesammelt, bei der einzelne Tiere gefangen, markiert und anschließend wieder freigelassen werden. Mit diesem Vorgehen ist es möglich,  Individuen, wenn sie bei einer darauffolgenden Zählung wieder eingefangen werden, zu identifizieren. Mit diesen Daten kann man beispielsweise die Altersstruktur einer Population bestimmen. Doch bei vielen Tierarten ist das tatsächliche Alter schwer abzuschätzen. Deshalb wissen die Forscher häufig nicht, wann das Tier tatsächlich geboren wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass viele der Tiere, wenn sie in der Zwischenzeit verstorben sind, nicht mehr aufgefunden werden. Die Daten der Forscher weisen dann große Lücken auf. Eine Gruppe von MPIDR-Forschern hat jetzt ein Programm mit dem Namen BaSTA (Bayesian Survival Trajectory Analysis) entwickelt, das diese Datenlücken füllt. Sie haben ihre Ergebnisse in dem Fachjournal “Methods in Ecology and Evolution” veröffentlicht und haben zudem einen Film erstellt, der das Prinzip und die Funktionsweise von BaSTA veranschaulicht.

© BaSTA Film / MPIDR, Methods in Ecology and Evolution

Auf der Populationsebene kann Mortalität in Form einer Wahrscheinlichkeit beschrieben werden. Diese gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Individuum innerhalb eines bestimmten Zeitraums verstirbt. Üblicherweise gehen Biologen davon aus, dass diese Wahrscheinlichkeit in jedem Alter gleich bleibt. Ein Trugschluss - eine gleichbleibende Mortalität über die ganze Lebensspanne hinweg ist bisher nur bei ganz wenigen Arten gefunden worden, so zum Beispiel bei dem Süßwasserpolypen Hydra. Typischerweise ändert sich die Mortalität mit dem Alter. Ein Muster, das man häufiger antrifft, ist eine sehr hohe Mortalität in den ersten Lebenswochen und Monaten, die bis zum Erreichen des Erwachsenenalters kontinuierlich fällt und dann wieder ansteigt.

Es ist wichtig herauszufinden, wie die Mortalitätskurven einzelner Arten aussehen. Zum Beispiel, um Schutzprogrammen für Arten, die vom Aussterben bedroht sind, zu entwickeln. Um die Lebensspanne einer Art untersuchen zu können, fangen Wissenschaftler Tiere in der freien Wildbahn und kennzeichnen sie mit Ohrmarken oder Ringen. Wenn das Tier zu einem späteren Zeitpunkt wieder gefangen wird, kann es dann identifiziert werden. Doch diese Methode hat klare Grenzen: Das tatsächliche Alter ist bei vielen Tierarten nicht erkennbar; oft werden Individuen erst im Erwachsenenalter markiert, wodurch ihr Alter unbekannt bleibt. Hinzu kommt, dass verstorbene Tiere häufig nicht mehr gefunden werden. Darüber hinaus ist in vielen Untersuchungen, insbesondere bei langlebigen Arten, der Beobachtungszeitraum sehr viel kleiner als die tatsächliche Lebensspanne der Tiere. In diesen Fällen ist das Alter des ältesten beobachteten Tiers genauso hoch wie die Dauer der Untersuchung.

Mit dem Erkennen dieses Problems haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren statistische Methoden entwickelt, die helfen sollen diese Dateneinschränkung zu minimieren. Allerdings sind diese Methoden in der Anwendung schwierig und erfordern Programmierkenntnisse, die nicht jeder Wissenschaftler hat.

Die MPIDR-Forscher  Fernando Colchero, Owen Jones and  Maren Rebke haben ein statistisches Paket entwickelt, das sich BaSTA (Bayesian Survival Trajectory Analysis) nennt. Es erlaubt die automatische Analyse von Überlebensdaten, um Altersmuster der Mortalität zu verstehen, auch dann wenn bei einem großen Teil der untersuchten Tiere das Alter unbekannt ist. Mit dem Tool werden Überlebensparameter, aber auch unbekannte Geburts- und Todeszeitpunkte berechnet.

Aber nicht nur Ökologen profitieren von BaSTA: Auch andere Wissenschaftler, wie zum Beispiel Evolutionsbiologen und Historiker, können mit dem Programm ihre Datenlücken füllen.

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