29. April 2021 | Pressemitteilung

COVID-19 in England und Wales: Ohne Mobilitätseinschränkungen hätte sich die Übersterblichkeit verdoppelt

Die Forschenden fanden einen deutlichen Zusammenhang zwischen reduzierter Mobilität und geringerer Übersterblichkeit auf Bevölkerungsebene. © iStockphoto.com/Drazen_

Mobilitätseinschränkungen haben wohl mehr als 94.000 Todesfälle in England und Wales während der ersten COVID-19 -Welle im Frühjahr 2020 verhindert. Das haben die MPIDR-Forscher Ugofilippo Basellini, Diego Alburez-Gutierrez und ihre Kollegen herausgefunden, nachdem sie digitale Mobilitätsdaten mit Daten zur Übersterblichkeit verknüpft hatten.

Regierungen auf der ganzen Welt haben viele verschiedene Regelungen eingeführt, um Kontakte zu reduzieren. Dadurch sollen die Ansteckungen mit COVID-19 und daraus folgende Todesfälle verringert werden.

Ugofilippo Basellini, Diego Alburez-Gutierrez und ein Team von Forschenden untersuchten den Zusammenhang zwischen Übersterblichkeit und eingeschränkter Mobilität, um zu bewerten, wie effektiv diese Maßnahmen die Übersterblichkeit in England und Wales reduzierten.

„Unsere Studie ist einer der ersten Versuche, die Auswirkungen von Mobilitätseinschränkungen auf die Übersterblichkeit zu quantifizieren“, sagt Ugofilippo Basellini, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock.

Frei verfügbare digitale Mobilitätsdaten nutzen

Dazu nutzten die Forschenden die frei verfügbare digitale Mobilitätsdaten des ‚Google COVID-19 Community Mobility Reports‘, und verknüpften sie mit Mortalitäts- und Bevölkerungsdaten des ‚UK Office for National Statistics (ONS)‘.

Die Forschenden fanden einen starken positiven Zusammenhang zwischen reduzierter Mobilität und geringerer Übersterblichkeit auf Bevölkerungsebene. Dieser Zusammenhang zeigte sich mit einer Zeitverzögerung von mindestens fünf Wochen nach der Einführung der Maßnahmen. Innerhalb kürzerer Zeiträume zeigte sich kein Rückgang der Übersterblichkeit.

Die Maßnahmen waren wirksam, aber es hätten mehr Leben gerettet werden können

Insgesamt schätzen die Forschenden, dass von Mitte März bis Mitte August 2020 etwa 62.200 Menschen mehr starben, als Durchschnittswerte der Vorjahre erwarten lassen. Diese Zahl hätte sich ohne die Mobilitätseinschränkungen mehr als verdoppeln können, vor allem in der Metropolregion London. Die Forschenden schätzen, dass dadurch bis zu 94.200 zusätzlicher Todesfälle verhindert wurden.

„Wir sagen aber nicht, dass die britische Regierung alles richtig gemacht hat. Frühere und strengere Maßnahmen hätten noch mehr Todesfälle verhindern können", sagt Diego Alburez-Gutierrez.

Ob sich die Erkenntnisse aus der Studie auf andere Länder oder andere Wellen der Pandemie übertragen lassen, bleibt offen. Weitere Forschung dazu, digitale Daten etwa zu sozialen Kontakten mit anderen Datenquellen zu kombinieren, kann weitere Erkenntnisse liefern.

„Die Pandemie hat Innovation im Forschungsfeld vorangetrieben; und die Vorteile verdeutlicht, die neue Datenquellen haben, die fast in Echtzeit verfügbar sind“, sagt Ugofilippo Basellini.

Originalpublikation

Basellini, U., Alburez-Gutierrez, D., Del Fava, E., Perrotta, D., Bonetti, M., Camarda, C., Zagheni, E.: Linking excess mortality to mobility data during the first wave of COVID-19 in England and Wales. SSM - Population Health (2021). DOI: 10.1016/j.ssmph.2021.100799

Projektteam

Ugofilippo Basellini, Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock

Diego Alburez-Gutierrez, Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock

Emanuele Del Fava, Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock

Daniela Perrotta, Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock

Marco Bonetti, Bocconi Universität, Mailand

Carlo G. Camarda, Institut National D’études Démographiques (INED), Aubervilliers

Emilio Zagheni, Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR), Rostock

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