19. Juli 2022 | Pressemitteilung

COVID-19 Lockdowns: Wie man Google-­Suchanfragen nutzt, um den Anstieg von Gewalt in der Partner­schaft zu analysieren

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MPIDR-Forscherin Ebru Şanlıtürk und Kolleg*innen zeigen in ihrer vor Kurzem im “European Journal of Population” veröffentlichten Studie, dass die Daten von Google Trends ein effektives Instrument sind, um Anrufe bei Beratungsstellen für häusliche Gewalt und Notrufnummern während der COVID-19-Lockdowns vorherzusagen.

„Als wir festgestellt haben, dass die Häufigkeit von Gewalt in der Partnerschaft während der COVID-19-Lockdowns 2020 gestiegen ist, haben wir im Team überlegt, wie wir dieses Problem angehen, sowohl in Bezug auf die Datenquellen als auch auf die Forschungsmethoden,“ sagt Ebru Şanlıtürk, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock.

Şanlıtürk und ihre drei Co-Autor*innen nutzen Digital Trace Data, also Daten, die durch Online-Interaktionen der Nutzer*innen erzeugt werden und nicht etwa auf Selbstauskünften in Umfragen basieren. Mit dieser Methode lässt sich soziale Voreingenommenheit bei Themen umgehen, die möglicherweise als Tabu gelten - wie etwa Gewalt in der Partnerschaft.

Die Forscher*innen zeigen, dass die Daten von Google Trends ein wirksames Instrument zur Vorhersage von Gewalt in der Partnerschaft sind. Bei der Analyse von Google-Suchdaten für bestimmte Begriffe im Zusammenhang mit Gewalt in der Partnerschaft vor und nach Corona Lockdowns in Italien korrelierte die Anzahl der Google-Suchanfragen mit der Anzahl der Anrufe bei Beratungsstellen für häusliche Gewalt und Notdiensten nach dem Lockdown. Die Ergebnisse wurden im European Journal of Population veröffentlicht.

Facebook-Umfrage bestätigt Google-Suchbegriffe

Da Online-Google-Suchen häufig vor Anrufen bei Beratungsstellen erfolgen, zeigen die Forscher*innen, dass der zeitliche Abstand zwischen der Online-Suche und dem Anruf statistisch signifikant war. Die Forscher*innen fanden heraus, dass die Korrelation zwischen den Suchanfragen und den Anrufen mit einer Verzögerung von einer Woche größer ist, als bei einem Vergleich innerhalb derselben Woche. „Darüber hinaus haben wir eine innovative Validierungsmethode für unsere Analyse verwendet: Wir haben eine Umfrage auf Facebook durchgeführt, um die Schlüsselwörter zu bestätigen, die Menschen bei der Google-Suche nach Informationen über Gewalt in der Partnerschaft verwenden würden,“ sagt Ebru Şanlıtürk. Die Forscherin empfiehlt, in künftigen Studien zur Erfassung von Online-Suchaktivitäten ähnliche Validierungsmethoden anzuwenden.

Gewalt in der Partnerschaft muss stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt und durch politische Maßnahmen verhindert werden. „Wir sind zuversichtlich, dass unsere Ergebnisse ein Instrument bieten, um das Problem besser anzugehen und den Opfern zu helfen,“ sagt Ebru Şanlıtürk. Das Team hofft, dass politische Entscheidungsträger*innen diese Ergebnisse nutzen und ähnliche Datenanalysen zu Rate ziehen, um darüber nachzudenken, wie man Systeme zur Eindämmung, Minimierung und sogar Vermeidung des Anstiegs von Gewalt in der Partnerschaft schafft und wie man finanzielle Ressourcen zuweist. 

Originalpublikation

Köksal, S., Pesando, L. M., Rotondi, V., Şanlıtürk, E.: Harnessing the Potential of Google Searches for Understanding Dynamics of Intimate Partner Violence Before and After the COVID-19 Outbreak. European Journal of Population (2022). DOI: 10.1007/s10680-022-09619-2 

Autor*innen und Institutionen

Selin Köksal, Bocconi Universität

Luca Maria Pesando, McGill Universität

Valentina Rotondi, University of Applied Sciences and Arts of Italian Switzerland

Ebru Şanlıtürk, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

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MPIDR-Autorin der Studie

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