13. April 2021 | Pressemitteilung

Nicht nur COVID-19 verursacht in den USA Übersterblichkeit

Disclaimer (hinzugefügt am 15. Februar 2022): In dieser Studie werden zwei verschiedene Arten von erhöhter Sterblichkeit untersucht, die als Übersterblichkeit bezeichnet werden. Mit der ersten Metrik vergleichen die Forschenden die Sterblichkeit in den USA vor der Pandemie mit fünf ähnlichen europäischen Ländern. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass mehr als 400.000 Todesfälle pro Jahr in den USA vermieden werden könnten, wenn die USA die viel niedrigeren Sterblichkeitsraten dieser europäischen Länder aufweisen würde.

Im Anschluss vergleichen die Forschenden diese Zahl mit der erschütternden Zahl der Todesfälle durch COVID-19, die allein im Jahr 2020 auftraten. Im Jahr 2020 starben mehr als 375.000 Menschen in den USA an COVID-19. Die Studie verdeutlicht, wie die weltweite Pandemie noch zusätzlich zu der bereits vorher bestehenden, überhöhten Sterblichkeit in den USA beiträgt und zu schwerwiegenden Problemen führt.

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Die Bevölkerung in den Vereinigten Staaten leidet unter vergleichsweise hoher Sterblichkeit. Demografin Yana Vierboom und ein Kollege verglichen die Sterblichkeit in den USA mit der, in den fünf größten europäischen Ländern. Dabei zeigte sich eine Übersterblichkeit für die USA, die größer ist, als die Zahl der Covid-19-Todesfälle des vergangenen Jahres.

Mit ihren Analysen zeigen die beiden Demograf*innen, dass sich die altersspezifischen Sterberaten in den USA für Menschen unter 85 Jahren im Vergleich zu den Gleichaltrigen in Europa seit dem Jahr 2000 stark verschlechtert haben. In diesem Vergleich weisen die USA bereits ab 2017 eine größere Übersterblichkeit und mehr verlorene Lebensjahre auf, als durch die COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 verursacht.

Die U.S. Centers for Disease Control geben für das Kalenderjahr 2020 an, dass in den USA 376.504 Todesfälle auf COVID-19 zurückzuführen sind. Die Demograf*innen schätzen die Übersterblichkeit im Jahr 2017 in ihrem Vergleich auf 401.000 Todesfälle – demnach etwas höher.

„Wir wollen die enormen Verluste durch COVID-19 in den USA und anderswo nicht klein reden - es ist nur eine hilfreiche Perspektive, um die Übersterblichkeit in den USA in Bezug zu setzen“, sagt Yana Vierboom, Forscherin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock.

Ländergröße als valides Auswahlkriterium

Vierboom und ihr Kollege Samuel Preston von der University of Pennsylvania verwendeten Daten der Human Mortality Database (HMD) und erstellten drei Indizes, mit denen sich die Sterblichkeit in den USA und Europa zwischen 2000 und 2017 altersspezifisch vergleichen lässt. Ihre Studie wurde in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academies of Science veröffentlicht.

Für den Vergleich wählten die Demograf*innen die fünf größten europäischen Länder, Deutschland, England & Wales, Frankreich, Italien und Spanien. Zusammengenommen ist die Bevölkerung dieser fünf Länder ähnlich groß wie die der USA. „Wir haben die Größe als Auswahlkriterium verwendet, da in kleinen Bevölkerungen viele voneinander abhängige Faktoren die Sterblichkeit beeinflussen – wie etwa Klima, Ernährung und Gesundheitsversorgung. Größere und vielfältigere Bevölkerungen sind in diesem Sinne ähnlicher“, sagt Yana Vierboom.

Amerikaner*innen tagtäglich und routinemäßig Gesundheitsgefahren ausgesetzt

Die Unterschiede im Sterblichkeitsvergleich zwischen den USA und den fünf europäischen Ländern waren sogar noch größer, wenn man die verlorenen Lebensjahre als Maßstab nimmt. Insgesamt gingen 2020 in den USA 4,41 Millionen Lebensjahre durch COVID-19 verloren. Das ist nur ein Drittel der 13,02 Millionen Lebensjahre, die in den USA bereits im Jahr 2017 durch Übersterblichkeit verloren gingen.

Dieser Vergleich fällt deshalb so viel deutlicher aus, als der Übersterblichkeit-Vergleich, weil die Menschen, die an COVID-19 starben, im Durchschnitt viel älter waren, als jene Menschen, die im Jahr 2017 als überzählige Todesfälle identifiziert wurden.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass Amerikaner*innen tagtäglich und routinemäßig Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind. Einzelne Einflussfaktoren, die zu diesem massiven Verlust an Lebensjahren beitragen, zu identifizieren und zu beheben, sollte in den USA Priorität haben“, sagt Yana Vierboom.

Originalpublikation

Preston, S.H. Vierboom, Y.C.: Excess Mortality in the United States in the Twenty-First Century. PNAS Brief Report (2021) DOI: 10.1073/pnas.2024850118

Autor*innen und Institutionen

Samuel Preston, University of Pennsylvania 

Yana Vierboom, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

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Autorin der Studie

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