15. Oktober 2020 | Pressemitteilung

So beeinflussen einzelne Krankheiten die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung

Wenn der Anteil an Menschen mit Krankheitsgeschichte in der Gesamtbevölkerung größer wird, könnte in Zukunft die Lebenserwartung nicht mehr weiter steigen. © iStockphoto.com/toa55

Vorsorge ist besser als Nachsorge. Das gilt bei Erkrankungen nicht nur für jeden Einzelnen von uns, sondern auch für die gesamte Gesellschaft. Denn die Lebenserwartung könnte in Westeuropa bald nicht mehr weiter steigen, wenn immer mehr Menschen mit Krankheitsgeschichte leben.

Mit einer neuen Methode Datensätze zu zerlegen, untersuchte Marcus Ebeling mit Kolleginnen, zwei Fragestellungen: Welchen Einfluss auf die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung hat die verbesserte Chance jedes Einzelnen einen Herzinfarkt zu überleben? Diese Frage analysierten die Forschenden auch für Schlaganfall, Oberschenkelhalsbruch, Darmkrebs und Brustkrebs. Und: Welchen Einfluss hat die steigende Zahl Überlebender dieser Krankheiten auf die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung? Denn generell haben Menschen mit Krankheitsgeschichte ein höheres Sterberisiko, als die Durchschnittsbevölkerung. Wenn ihr Anteil in der Bevölkerung wächst, hat das auch einen steigenden Einfluss auf die durchschnittliche Lebenserwartung. Auf lange Sicht kann dadurch die Lebenserwartung langsamer oder gar nicht mehr steigen.

Das berechneten Marcus Ebeling, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock und Kolleginnen in einer Studie, die nun in BMC Public Health veröffentlicht wurde. Für ihre Analysen nutzten sie schwedische Registerdaten von Männern und Frauen über 60 zwischen 1994 und 2016. Für diesen Zeitraum lässt sich insgesamt sagen, dass die Lebenserwartung für Männer über 60 um rund 3,4 Jahre und für Frauen um rund 1,9 Jahre gestiegen ist.

© MPIDR

Grafik herunterladen (PNG-Datei, 442 kB)

Am Beispiel Brustkrebs zeigt sich allerdings, dass einzelne Krankheiten diese Entwicklung negativ beeinflussen. Da immer mehr Frauen mit einer Brustkrebserkrankung leben, profitiert die Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung weniger vom medizinischen Fortschritt. Die Überlebenschancen nach einer Brustkrebsdiagnose haben sich also schneller verbessert, als die Zahl der Erkrankten gesunken ist. „Diese Entwicklung ist natürlich sehr gut für jede einzelne Überlebende. Eine geringere Zahl an brustkrebserkrankter Frauen wäre aber noch besser“, sagt Marcus Ebeling.

Im Fall von Herzinfarkt und Schlaganfall zeigt sich ein anderes Bild. Die Krankheiten haben aufgrund verbesserter Überlebenschancen und einer sinkenden Zahl von Menschen, die einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleiden, erheblich zur Steigerung der Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung beigetragen.

Originalpublikation

Ebeling, M., Meyer, A.C., Modig, K.: The rise in the number of long-term survivors from different diseases can slow the increase in life expectancy of the total population. BMC Public (2020) DOI: https://doi.org/10.1186/s12889-020-09631-3

Kontakt

Leiterin des Arbeitsbereichs Öffentlichkeitsarbeit und Publikationen

Silvia Leek

E-Mail

+49 381 2081-143

Redakteurin Wissenschaftskommunikation

Silke Schulz

E-Mail

+49 381 2081-153

Autor der Studie

Stellvertretender Leiter (Bevölkerung und Gesundheit)

Marcus Ebeling

E-Mail

+49 381 2081-148

Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock ist eines der international führenden Zentren für Bevölkerungswissenschaft. Es gehört zur Max-Planck-Gesellschaft, einer der weltweit renommiertesten Forschungsgemeinschaften.