27. Oktober 2022 | Pressemitteilung

Steigende Übergewichtsprävalenz erhöht das Depressionsrisiko bei Babyboomern: Eine kontrafaktische Studie

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MPIDR-Doktorandin Maria Gültzow und ihre Co-Autor*innen haben in einer im Fachmagazin „Epidemiology“ veröffentlichten Studie eine kontrafaktische Analyse durchgeführt, um den Einfluss von unterschiedlichem Gesundheitsverhalten zwischen den Generationen auf das Depressionsrisiko der Babyboomer sowie der Great und Silent Generation in den USA zu untersuchen.

Jüngere Geburtenjahrgänge haben ein höheres Depressionsrisiko als die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert Geborenen. „Wir untersuchen, inwieweit Veränderungen beim Alkoholkonsum, beim Rauchen, bei der körperlichen Aktivität und beim starken Übergewicht zu diesen unterschiedlichen Depressionsrisiken beitragen“, sagt Maria Gültzow, Doktorandin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPDIR) in Rostock und am Public Health Department des Erasmus Medical Center in Rotterdam und Erstautorin der in Epidemiology veröffentlichten Studie.

Gültzow und ihre Co-Autor*innen verwendeten Paneldaten von Erwachsenen in den USA, die zwischen 1916 und 1966 geboren wurden und an der Health and Retirement Study teilnahmen, um eine so genannte kontrafaktische Dekompositionsanalyse durchzuführen. Mit dieser Analyse konnten sie das tatsächliche Depressionsrisiko mit einem kontrafaktischen Szenario vergleichen, bei dem alle Generationen das Gesundheitsverhalten des Geburtsjahrgangs 1945 aufwiesen.

Starkes Übergewicht trägt vor allem bei Frauen zum Depressionsrisiko bei

Das Depressionsrisiko der Great und Silent Generation, die zwischen 1916 und 1949 geboren wurden, wäre im Durchschnitt 2 Prozent höher, wenn sie genauso viel Alkohol getrunken hätten wie der Geburtsjahrgang 1945. Die Babyboomer, die zwischen 1950 und 1966 geboren wurden, hätte im Durchschnitt ein um 0,5 Prozent höheres Depressionsrisiko, wenn sie den Alkoholkonsum der 1945-Geborenen gehabt hätte. Das bedeutet, dass das Depressionsrisiko für die Babyboomer-Generation im Vergleich zum 1945-Jahrgang um 0,5 Prozent gesunken ist, weil die Babyboomer ihren Alkoholkonsum verändert haben.

Im kontrafaktischen Szenario, bei dem die Verteilung des Body-Mass-Index (BMI) von 1945 auf alle Generationen angewandt wurde, war das Depressionsrisiko im Durchschnitt 2,1 Prozent höher für die Great und Silent Generation und 1,8 Prozent niedriger für die Babyboomer. Das bedeutet, dass sich das Depressionsrisiko für die Babyboomer wegen der gestiegenen Übergewichtsprävalenz um 1,8 Prozent erhöht hat.

Für Rauchen und körperliche Aktivität fanden die Forschenden keine Unterschiede im Depressionsrisiko zwischen dem tatsächlichen Verlauf und dem kontrafaktischen Szenario. Sie betonen, dass der Alkoholkonsum einen größeren Einfluss auf das Depressionsrisiko von Weißen als von anderen ethnischen Gruppen hat, während starkes Übergewicht vor allem das Depressionsrisiko von Frauen beeinflusst.

Alkoholkonsum ist ein wichtigerer Risikofaktor für die Great und Silent Generation

„Soweit wir wissen, ist unsere Studie die erste, die mögliche Ursachen für die Unterschiede im Depressionsrisiko zwischen den Generationen mit Hilfe von Modellen untersucht, die kausale Inferenz nutzen und mögliche Ergebnisse analysieren“, sagt Maria Gültzow.

So zeigt die Studie, dass starkes Übergewicht im Durchschnitt 5,5 Prozent zum Depressionsrisiko der Babyboomer beiträgt, während Alkoholkonsum ein wichtigerer Risikofaktor für die Great und Silent Generation ist, und etwa 7,5 Prozent zum Depressionsrisiko beiträgt.

Maria Gültzow fasst zusammen: „Obwohl frühere Forschung darauf hindeutet, dass Veränderungen im Lebensstil das erhöhte Depressionsrisiko der jüngeren Generationen erklären könnte, findet unsere Studie nur geringe Auswirkungen von Alkoholkonsum, körperlicher Aktivität, Rauchen und starkem Übergewicht darauf. Stattdessen könnte das erhöhte Depressionsrisiko etwa durch den gleichzeitigen Anstieg nichtübertragbarer Krankheiten erklärt werden, was zu steigender Mehrfacherkrankung führt.“

Originalpublikation

Gültzow, M.; Bijlsma, M. J.; van Lenthe, F. J.; Myrskylä, M.: The contribution of health behaviors to depression risk across birth cohorts. Epidemiology (2022). DOI: 10.1097/EDE.0000000000001524

Autor*innen und Institutionen

Maria Gültzow, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock; Public Health Department, Erasmus Medical Centre, Rotterdam

Maarten Bijlsma, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock; Universität Groningen

Frank J. van Lenthe, Public Health Department, Erasmus Medical Centre, Rotterdam

Mikko Myrskylä, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock; Universität Helsinki

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MPIDR-Autor*innen der Studie

Gastwissenschaftler

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