17. November 2022 | Pressemitteilung

USA: Starkes Übergewicht im frühen Erwachsenenalter erhöht die Wahrscheinlichkeit, mit 40 und später keine Kinder zu haben

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MPIDR-Forscherinnen zeigen mit Längsschnittdaten einer US-Geburtskohorte der späten 1950er-Jahre, welche Rolle Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit dabei spielen, wie Übergewicht im frühen Erwachsenenalter die Zahl eigener Kinder später im Leben beeinflusst. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „Population Studies“ veröffentlicht.

Zwei der wichtigsten aktuellen Bevölkerungstrends sind zum einen immer später oder gar keine Kinder zu bekommen und zum anderen die wachsenden Ungleichheiten bei der Gesundheit junger Erwachsener. „Wir wissen allerdings weniger darüber, inwieweit sich die Zusammenhänge zwischen dem Body-Mass-Index (BMI) in jungen Jahren und der Kinderlosigkeit je nach ethnischer Zugehörigkeit unterscheiden. Das ist ein wichtiger Faktor für Ungleichheiten sowohl beim BMI als auch beim Kinderkriegen,“ sagt D. Susie Lee, Forscherin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock.

Wenn man im frühen Erwachsenenalter stark übergewichtig ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, mit 40 Jahren und älter keine Kinder zu haben. Dieses Ergebnis ist für alle drei untersuchten ethnischen Gruppen: Schwarze, Hispanoamerikaner*innen und Weiße, und für beide Geschlechter gleich. Allerdings wirkt sich starkes Übergewicht bei Frauen stärker auf die Wahrscheinlichkeit aus, keine Kinder zu haben, als bei Männern.

Trotzdem gibt es Unterschiede nach ethnischer Zugehörigkeit, die bei Frauen stärker ausgeprägt sind. Bei schwarzen Frauen war Untergewicht mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden, später im Leben keine Kinder zu haben. Das bedeutet, dass schwarze Frauen, die als Teenager untergewichtig waren, eine höhere Chance haben, Mutter zu werden, als schwarze Frauen, die im gesunden BMI-Bereich liegen. Diese Beobachtung steht im Widerspruch zu dem, was nach der sogenannten Puffer-Hypothese zu erwarten wäre. Sie sagt, dass der soziokulturelle Druck, sich einem schlanken Körpertyp anzupassen, bei ethnischen Minderheiten nicht oder in geringerem Maße verbreitet ist. Die Ergebnisse der Studie deuten dagegen darauf hin, dass die Körpernormen auch ethnische Minderheiten betreffen.

BMI jüngerer Geburtskohorten beeinflusst Kinderlosigkeit wohl unterschiedlich stark

Die Forschenden verwendeten Daten der US National Longitudinal Survey (NLSY79). Die Daten stammen aus einem Längsschnittprojekt, das 12 686 Männer und Frauen begleitet, die zwischen 1957 und 1964 in den USA geboren wurden - dem jüngeren Teil der Babyboom-Generation. Die Erhebung begann 1979, als die Teilnehmenden zwischen 14 und 22 Jahre alt waren, wurde bis 1994 jährlich wiederholt und wird seither alle zwei Jahre durchgeführt, zuletzt 2018.

„Wir haben versucht, eine Schwäche in den NLSY79-Daten zu überwinden - der BMI von Eltern vor der Geburt eines Kindes, die sehr jung Eltern wurden, ist nicht enthalten. Wir haben die fehlenden Informationen auf Grundlage anderer bekannter Vorhersagefaktoren (BMI) statistisch abgeschätzt und sie (die neuen Daten zum BMI) für künftige Studien öffentlich zugänglich gemacht,“ sagt D. Susie Lee über die Reproduzierbarkeit der Studie.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Ergebnisse aus der NLSY79-Kohorte auf jüngere Geburtskohorten in den USA oder auf andere Länder übertragen lassen, in denen sich die Trends bei Kinderlosigkeit und BMI ebenfalls rasch ändern. “Weltweit sind immer mehr Menschen stark übergewichtig. Damit ändern sich bestehende Normen zum Körperbild und ihre Rolle im Familienbildungsprozess. Wir brauchen mehr länderübergreifende Studien über jüngere Geburtskohorten, um besser zu verstehen, wie sich Gesundheit in der Jugend - gemessen etwa am BMI - langfristig auf die Fertiltität auswirkt,“ sagt D. Susie Lee.

Original Publication

Lee, D.S., Nitsche, N., Barclay, K.: Body mass index in early adulthood and transition to first birth: Racial/ethnic and sex differences in the United States NLSY79 Cohort. Population Studies (2022). DOI: 10.1080/00324728.2022.2128396

Autor*innen und Institutionen

D. Susie Lee, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

Natalie Nitsche, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

Kieron Barclay, Universität Stockholm

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