15. Dezember 2022 | Pressemitteilung

USA: Weniger Gebildete verbringen weniger Zeit im Ruhestand

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Der MPIDR-Doktorand Jiaxin Shi und seine Co-Autor*innen modellierten den Verlauf der Erwerbsarbeit bei älteren Beschäftigten in den USA anhand von Längsschnittdaten, um zu zeigen, wie sehr sich die Dauer des Rentenbezugs zwischen den Menschen mit unterschiedlichem Bildungsstand unterscheidet.

„Ich war neugierig und wollte wissen, wie viel Zeit Menschen im Ruhestand verbringen und wie sich die Dauer je nach sozioökonomischem Status unterscheidet,“ sagt Jiaxin Shi, Doktorand am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock, über den Anlass für seine Studie, die er kürzlich in der Fachzeitschrift The Journal of Gerontology: Social Sciences veröffentlicht hat.

In einem Land wie den USA, in dem viele Menschen nach dem Renteneintritt wieder in den Beruf zurückkehren, ist es schwierig, die Gesamtdauer des Ruhestands allein anhand gängiger Sterblichkeitsstatistiken wie der Lebenserwartung zu messen.

Besser ausgebildete Frauen verbringen mehr Zeit im Ruhestand

„Wir haben eine ausgefeilte Methode verwendet, um die Dynamik der Erwerbstätigkeit bei älteren Beschäftigten zu modellieren. Dabei haben wir individuelle Unterschiede in Bezug auf das Renteneintrittsalter, die Wahrscheinlichkeit nach dem ersten Renteneintritt wieder eine Beschäftigung aufzunehmen, die Dauer der daraus resultierenden Wiederbeschäftigung und das Sterbealter berücksichtigt,“ sagt Jiaxin Shi. Dieser Modellierungsansatz ermöglicht es den Forschenden, die Dauer des Ruhestands genauer hochzurechnen.

Konkret untersuchten sie, wie sich die Lebenserwartung von Rentner*innen in den USA zwischen 1996 und 2015 nach Bildung und Geschlecht unterscheidet.

Sie fanden konsistente Ungleichheiten. Frauen mit höherer Bildung beziehen im Durchschnitt auch länger Rente. Bei den Männern war der Zusammenhang zwischen Bildung und Dauer des Rentenbezugs in den untersuchten Zeiträumen unterschiedlich.

Frauen lebten im Durchschnitt 3,8 Jahre länger im Ruhestand als Männer. Männer mit höherem Bildungsstand lebten 2,6 Jahre länger im Ruhestand als Männer mit niedrigerem Bildungsstand, bei Frauen beträgt dieser Unterschied 3 Jahre.

Die Forschenden zeigen, dass eine beträchtliche Anzahl von Menschen den Ruhestand nicht erreicht. Im Zeitraum 2012-2015 kamen 16 Prozent der amerikanischen Männer im Alter von 50 Jahren nicht bis zum Renteneintritt, bei den Frauen waren es 9 Prozent.

Die Forschenden verwendeten Längsschnittdaten aus der Health and Retirement Study, die von der University of Michigan erhoben wurden. Im Rahmen dieser Studie werden seit 1992 Daten von mehr als 30 000 Amerikaner*innen über 50 Jahren gesammelt und dieselben Personen alle zwei Jahre erneut befragt. Diese Studie verfügt über die umfangreichsten und zuverlässigsten Daten über das Altern und zur Untersuchung von Ungleichheiten in der Rentendauer in den USA.

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Insgesamt zeigen die Forschenden, dass die Unterschiede in der tatsächlichen Lebenserwartung im Ruhestand zwischen den Bildungsgruppen geringer sind als erwartet. Das liegt daran, dass Menschen mit niedrigerem Bildungsstand tendenziell früher in Rente gehen und weniger Jahre in der Wiederbeschäftigung verbringen. Dies gilt für Männer, aber nicht für Frauen.

„Unser Ansatz liefert ein genaues und umfassendes Bild der Lebenserwartung älterer Amerikaner*innen im Ruhestand in den vergangenen zwei Jahrzehnten", sagt Jiaxin Shi. Er ist der Meinung, dass seine Ergebnisse bei politischen Diskussionen über die soziale Sicherheit berücksichtigt werden sollten. Mögliche Reformen wie die Anhebung des Renteneintrittsalters oder die Kürzung von Leistungen könnten aufgrund ihrer unterschiedlichen Auswirkungen auf die Dynamik des Renteneintritts und des Wiedereintritts in eine Erwerbsbeschäftigung unerwartete Folgen für verschiedene soziale Gruppen haben.

Originalpublikation

Shi, J., Dudel, C., Monden, C., van Raalte, A.: Inequalities in Retirement Lifespan in the United States. The Journals of Gerontology: Series B (2022). DOI: 10.1093/geronb/gbac180

Autor*innen und Institutionen

Jiaxin Shi, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock; Leverhulme Centre for Demographic Science, Universität Oxford

Christian Dudel, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

Christiaan Monden, Leverhulme Centre for Demographic Science, Universität Oxford

Alyson van Raalte, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

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