23. August 2022 | News | Neue Studie

Frühchen sind später gut in der Schule

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Bei der Analyse von Schulnoten konnten Forschende keine negativen Folgen einer moderaten Frühgeburt auf die Leistungen des Kindes feststellen. Nur Kinder, die extrem früh geboren wurden, hatten schlechtere Schulnoten. Wenn extreme Frühchen allerdings eine der besten Schulen im Bezirk besuchten, schnitten sie genauso gut ab wie Kinder, die zum errechneten Geburtstermin zur Welt gekommen sind und auf eine durchschnittliche Schule gingen.

Wie wirken sich Frühgeburten auf die Schulnoten von Kindern aus? In einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Population Studies veröffentlicht wurde, wird anhand von schwedischen Registerdaten für Kinder, die zwischen 1982 und 1994 geboren wurden, untersucht, wie frühgeborene Schüler mit 16 Jahren in der Schule abschneiden.

„Wir haben untersucht, wie es sich auf die Schulnoten auswirkt, als Frühchen auf die Welt gekommen zu sein“, sagt Anna Baranowska-Rataj, außerordentliche Professorin im Fachbereich Soziologie der Universität Umeå. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die negativen Folgen einer Frühgeburt vor allem bei Kindern zu beobachten sind, die extrem früh geboren wurden, nach weniger als 28 Schwangerschaftswochen. Kinder, die mäßig früh geboren wurden, weisen keine negativen Folgen auf“. Anna Baranowska-Rataj führte die Studie zusammen mit ihren Kolleg*innen Kieron Barclay (Max-Planck-Institut für demografische Forschung), Joan Costa-Font (London School of Economics and Political Science), Mikko Myrskylä (Max-Planck-Institut für demografische Forschung) und Berkay Özcan (London School of Economics and Political Science) durch.

Bessere sozioökonomische Ressourcen führen nicht zu besseren Noten

Die Forschenden wollten auch mehr darüber erfahren, welche Rolle das soziale Umfeld für die schulischen Leistungen von Frühgeborenen spielt. Sie untersuchten die Schulbezirke der Kinder und die sozioökonomischen Ressourcen ihrer Familien als zwei Einflussfaktoren. 

„In dieser Studie haben wir zwei Einflussfaktoren untersucht, die Frühgeborene möglicherweise unterstützen“, sagt Anna Baranowska-Rataj. „Zum einen Ressourcen innerhalb der Familien, in denen die Kinder aufwachsen und zum anderen ein bisher weniger untersuchter Faktor, die Schulbezirke. Wir finden keine Hinweise auf eine moderierende Wirkung der sozioökonomischen Ressourcen der Eltern. Offenbar sind in Schweden reichere oder besser gebildete Familien nicht unbedingt besser in der Lage, Frühgeborene zu unterstützen. Wir stellen jedoch fest, dass extreme Frühchen, die eine der besten Schulen im Bezirk besuchten, genauso gut abschneiden wie Kinder, die zum errechneten Geburtstermin zur Welt gekommen sind und auf eine durchschnittliche Schule gehen. Dies gibt Anlass zu der Hoffnung, dass die Schulen eine ausgleichende Rolle spielen und Kindern mit bestimmten gesundheitlichen Benachteiligungen in der frühen Kindheit helfen können.“

Vergleiche unter Geschwistern

Um falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden, verglichen die Forschenden Frühgeborene mit ihren Geschwistern.

„Familien unterscheiden sich in Bezug auf ihre Gene, die sozioökonomischen Ressourcen, die Wohnverhältnisse oder den Lebensstil. All diese Faktoren können sich auf die Dinge auswirken, auf die wir uns in dieser Studie konzentrieren: die Wahrscheinlichkeit einer Frühgeburt und die Schulnoten eines Kindes“, sagt Anna Baranowska-Rataj. „Daher kann der Vergleich von Kindern aus verschiedenen Familien zu irreführenden Schlussfolgerungen führen. Wenn wir jedoch zwei Kinder aus derselben Familie betrachten, von denen eines als Frühgeburt und das andere zum errechneten Geburtstermin geboren wurde, können wir mit größerer Sicherheit davon ausgehen, dass etwaige Unterschiede in den Schulnoten mit der Schwangerschaftsdauer zusammenhängen und nicht auf wesentliche Unterschiede in den familienspezifischen Faktoren zurückzuführen sind, die wir nicht untersucht haben.“

Schulisches Umfeld kann Bildungsbenachteiligung verringern

Für künftige Forschung wäre es nach Ansicht von Anna Baranowska-Rataj interessant herauszufinden, welche Maßnahmen von Schulleitern für Kinder, die sich in einer schwierigeren gesundheitlichen Situation befinden, hilfreich sein können.

„Diese Studie trägt zu einer breiteren Debatte darüber bei, wie Behörden und Schulen Kinder mit gesundheitlichen Problemen unterstützen können. In der bisherigen Forschung wurde den privaten Ressourcen der Familien, um Kinder zu unterstützen, die zusätzliche Hilfe benötigen, viel Aufmerksamkeit geschenkt. Wenn jedoch die Familien als Hauptverantwortliche für Unterstützung angesehen werden, verstärkt dies nur die Ungleichheiten im Bildungsbereich. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das schulische Umfeld wohl einer von mehreren wichtigen Faktoren ist, um die Bildungsbenachteiligung von Kindern mit gesundheitlichen Problemen zu verringern.“

Originalpublikation

Baranowska-Rataj, A., Barclay, K., Costa-Font, J., Myrskylä, M., Özcan, B.: Preterm birth and educational disadvantage: Heterogeneous effects. Population Studies (2022), DOI: 10.1080/00324728.2022.2080247

Diese Zusammenfassung wurde von Elin Andersson an der Universität Umeå in Englischer Sprache erstellt und zuerst auf der Website der Universität veröffentlicht: www.umu.se/en/

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