08. Februar 2022 | Pressemitteilung

Große Einkommens­unterschiede – große Altersunterschiede der Mütter bei erster Geburt

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Große Einkommensunterschiede hängen mit großen Altersunterschieden der Mütter bei der ersten Geburt zusammen. MPIDR-Forscher Andrés Castro und Kolleg*innen analysierten Daten aus 86 Ländern des Globalen Südens, um diesen Zusammenhang empirisch zu untersuchen.

„Wir haben herausgefunden, dass Einkommensunterschiede mit der Ausweitung des Zeitpunkts der Familiengründung zusammenhängen: Je größer die Einkommensunterschiede, desto größer ist die Streuung des Alters der Mütter bei der ersten Geburt. Frühere Studien konzentrierten sich auf das durchschnittliche Einkommensniveau und dokumentierten, dass mit steigendem Einkommen die Zahl der Kinder abnimmt. Unser nun dokumentierter Zusammenhang zwischen Einkommensunterschieden und Fertilitätsschwankungen ist ähnlich stark“, sagt Andrés Castro über das wichtigste Ergebnis einer kürzlich in Population and Development Review veröffentlichten Studie.

Der Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock hat zusammen mit Ewa Batyra, Forscherin am MPIDR und an der Autonomous University of Barcelona, und MPIDR-Direktor Mikko Myrskylä festgestellt, dass frühere Studien dazu tendierten, sich auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes als Hauptfaktor für Geburtenschwankungen zu konzentrieren. Dabei wurde die Rolle anderer wichtiger gesellschaftlicher Prozesse wie der zunehmenden sozioökonomische Ungleichheit, die mit der Ausbreitung des kapitalistischen Systems einhergehen, teilweise übersehen. 

„Diese Studien haben eine der wichtigsten Folgen kapitalistischer Entwicklung übersehen: die sozioökonomische Ungleichheit nimmt zu“, sagt Andrés Castro. Deshalb analysierten die Forschenden Umfragedaten aus 86 Ländern des Globalen Südens, die einen Zeitraum von 1986 bis 2018 abdecken, und untersuchten den Zusammenhang zwischen sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit und der Altersstreuung von Müttern bei der Geburt des ersten Kindes aus einer länderübergreifenden Perspektive.

Eine Gruppe Frauen bekommt ihr erstes Kind weiterhin früh, die andere, wachsende Gruppe zögert die erste Geburt hinaus

Sie fanden heraus, dass in Gegenden mit großen Einkommensunterschieden ein Teil der Frauen weiterhin relativ früh Mutter wird. Diese Gruppe von Frauen wird mit zunehmender Ungleichheit immer kleiner und homogener. Gleichzeitig wird eine wachsende und immer heterogenere Gruppe später im Leben zum ersten Mal Mutter. Dieses Muster herrscht vor allem in Ländern mit niedriger Geburtenrate (unter 2,5 Kinder pro Frau) vor. Zudem vermuten die Forschenden, dass es in städtischen Gebieten und Großstädten ausgeprägter ist, da die Geburtenrate dort auch in der Vergangenheit schon niedriger war als auf dem Land.

„Bei Analysen des demografischen Wandels in Ländern des Globalen Südens ist es also auch wichtig, strukturelle Faktoren wie Armut, mangelnde Chancen oder extreme Ungleichheit zu untersuchen“, sagt Andrés Castro.

Originalpublikation

Castro, A., Batyra, E., Myrskylä, M.: Income inequality and increasing dispersion of the transition to first birth in the Global South. Population and Development Review (2022). DOI: 10.1111/padr.12451

Autor*innen und Institutionen

Andrés Castro, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

Ewa Batyra, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock; Center for Demographic Studies – Autonomous University of Barcelona

Mikko Myrskylä, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

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