13. September 2021 | Pressemitteilung

Menschen im Globalen Süden kümmern sich häufiger um pflege­bedürftige Eltern und eigene Kinder gleichzeitig

© iStockphoto.com/Edwin Tan

Die Kinder sind noch nicht erwachsen, die Eltern bereits hilfsbedürftig: Die Generation „Sandwich“ muss sich um beide kümmern. Diese Familienkonstellation tritt häufiger und länger in den Ländern des Globalen Südens auf als in Europa und Nordamerika; das wird wohl auch in Zukunft so sein. Dies geht aus einer neuen Studie von MPIDR-Forscher Diego Alburez-Gutierrez und Kollegen hervor, die demografische Mikrosimulationen mit Hilfe von Daten der Vereinten Nationen auswertete.

In Ländern des Globalen Südens gehören Menschen häufiger zur sogenannten Generation „Sandwich“. Sie sind öfter und länger eingezwickt zwischen den Verpflichtungen für ihre pflegebedürftigen Eltern und den Bedürfnissen ihrer eignen, noch minderjährigen Kinder. Das widerspricht der langjährigen Annahme, dass die Generation „Sandwich“ vor allem eine Herausforderung für die alternde Bevölkerung in Europa und Nordamerika ist.

„Wir gehen davon aus, dass jüngere Jahrgänge in Ländern des Globalen Südens auch in Zukunft noch mehr gefordert sein werden. In Europa und Nordamerika könnte die Verbreitung der Generation „Sandwich“ dagegen bereits seinen Höhepunkt erreicht haben“, sagt Diego Alburez-Gutierrez, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock.

Der Forscher und seine beiden Kollegen definieren die Generation „Sandwich“ in ihrer Studie so: es zählt jede Person dazu, die sich gleichzeitig um eigene Kinder unter 15 Jahren und pflegebedürftige Eltern, bis zu fünf Jahre vor dem Tod, kümmert. Die Autoren haben mit dieser Definition die ersten globalen Hochrechnungen für Personen, die zwischen 1970 und 2040 geboren wurden und werden, erstellt und im Fachmagazin Population and Development Review veröffentlicht.

Mikrosimulationen analysieren möglichen Pflegebedarf weltweit

Die Wissenschaftler führten Tausende von demografischen Mikrosimulationen aus. Damit analysierten sie, wie sich verändernde Geburten- und Überlebensraten auf den Pflegebedarf auswirken. Sie nutzten dafür Daten des 2019 Revision of the United Nations World Population Prospects.

© MPIDR

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Die Familienkonstellation der Generation „Sandwich“ muss nicht nur eine Belastung für die Betroffenen sein. „Laut unserer Hochrechnungen wird in den meisten Ländern des Globalen Südens die Lebenszeit steigen, die Großeltern- und Enkelgeneration miteinander verbringen“, sagt Diego Alburez-Gutierrez. Das könnte auch positive Folgen haben.

Natürlich steigt einerseits die Betreuungszeit, die die Generation „Sandwich“ leisten muss. Andererseits eröffnet es den Großeltern, wenn bei guter Gesundheit, die Möglichkeit, sich um ihre Enkelkinder zu kümmern. Das ist möglicherweise ein Vorteil.

Allerdings sieht der Forscher auch weitere Herausforderungen. „Es ist nicht nur wahrscheinlicher für Personen im Globalen Süden zur Generation „Sandwich“ zu gehören – es fehlt auch häufiger der Zugang zu formeller Kinderbetreuung, zum Rentensystem und vielen anderen sozialen Unterstützungen, die für Eltern in Europa und Nordamerika selbstverständlich sind. Dazu müssen wir weiter forschen“, sagt Alburez-Gutierrez.

Originalpublikation

Alburez-Gutierrez, D., Mason, C., Zagheni, E.: The “Sandwich Generation” Revisited: Global Demographic Drivers of Care Time Demands. Population and Development Review (2021). DOI: 10.1111/padr.12436

Autor*innen und Institutionen

Diego Alburez-Gutierrez, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

Carl Mason, University of California at Berkeley

Emilio Zagheni, Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Rostock

Weiterführende Informationen

Diego Alburez-Gutierrez hat für IUSSP's Online News Magazine einen Beitrag geschrieben, der seine Studie zusammenfasst.

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Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock ist eines der international führenden Zentren für Bevölkerungswissenschaft. Es gehört zur Max-Planck-Gesellschaft, einer der weltweit renommiertesten Forschungsgemeinschaften.