11. März 2025 | News | BLICKPUNKT
Bildungsgrad und Wohnort beeinflussen Fertilitätsraten
[BLICKPUNKT]
Verbesserung der Bevölkerungsprognosen durch Berücksichtigung regionaler und bildungsbedingter Unterschiede
Eine aktuelle Studie des MPIDR hat Unterschiede in der Fertilität zwischen Stadt und Land und den Einfluss des Bildungsniveaus der Frauen in Asien, Afrika und Lateinamerika untersucht. Das höhere Bildungsniveau führt generell zu niedrigerer Fertilität, wobei in ländlichen Gebieten die Fertilitätsrate höher ist als in städtischen Gebieten, unabhängig vom Bildungsniveau der Frauen. Die Berücksichtigung dieser Faktoren in einem multidimensionalen Bevölkerungsprognosemodell könnte zu genaueren Bevölkerungsprognosen und zur Entwicklung effektiverer Maßnahmen in den Bereichen Fruchtbarkeit und Gesundheit führen.

Die Fertilität in Afrika, Asien und Lateinamerika wird auch durch den Wohnsitz beeinflußt. Es gibt in allen Regionen Unterschiede zwischen Stadt und Land. © poco_bw – stock.adobe.com
Ob und wann Menschen Kinder bekommen, kann von vielen verschiedenen Faktoren abhängen. Forschende des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR), des Wittgenstein Center for Demography and Global Human Capital (WIC) und der Universität Shanghai haben in einer aktuellen Studie untersucht, wie sich die Fertilitätsmuster in Abhängigkeit vom Wohnort der Frauen - Stadt oder Land - und ihrem Bildungsniveau unterscheiden. Saroja Adhikari (MPIDR), Wolfgang Lutz (WIC) und Samir KC (WIC) haben dazu Asien, Afrika und Lateinamerika verglichen.
„Wie beeinflussen Bildungsniveau und Wohnort - ländlich oder städtisch - zusammen die Fertilitätsmuster? Mit der Beantwortung dieser Frage wollten wir herausfinden, ob die Berücksichtigung der Unterschiede zwischen Stadt und Land in Bevölkerungsprognosemodellen - zusätzlich zur Bildung - die Genauigkeit zukünftiger Bevölkerungsprognosen verbessern kann, als wenn nur einer dieser Faktoren berücksichtigt wird“, erklärt Saroja Adhikari, Erstautorin der Studie. Für ihre Analyse nutzten die Forscher*innen Daten des Demographic and Health Survey (DHS). Insgesamt wurden 202 Datensätze aus 63 Ländern ausgewertet. Diese Daten wurden zwischen 1986 und 2020 in Afrika, Asien und Lateinamerika erhoben.

Voraussichtliche Anzahl der Geburten pro Frau (im Alter von 15 bis 24 Jahren, Parität 0–1) innerhalb von fünf Jahren. © MPIDR
Adhikari und ihre Kollegen fanden heraus, dass ein höheres Bildungsniveau sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und der Karibik mit einer niedrigeren Fertilität einhergeht. In allen untersuchten Regionen fanden sie eine höhere Fertilität in ländlichen als in städtischen Gebieten - auch bei Frauen mit ähnlichem Bildungsniveau. „Wir schließen daraus, dass auch der Wohnort die Fertilität unabhängig vom Bildungsniveau der Frau beeinflusst. Der kombinierte Effekt von Bildung und Wohnort auf die Fertilität ist vor allem in Afrika und Lateinamerika deutlich stärker als in Asien. Wenn wir also diese beiden Faktoren in Zukunft berücksichtigen, können Bevölkerungsprognosen noch genauer werden“, so die Wissenschaftlerin.
Genauere Bevölkerungsprognosen auf subnationaler Ebene können entscheidend sein, um die Anpassung an den Klimawandel und seine Eindämmung in verschiedenen Regionen besser zu verstehen. „Derzeit stützen sich Klimaforschende auf zwei separate Prognosen, eine, die Bildung auf nationaler Ebene einbezieht, und eine andere, die die Urbanisierung auf subnationaler Ebene berücksichtigt. Durch die Untersuchung der kombinierten Auswirkungen von Bildung und ländlichem oder städtischem Wohnsitz auf die Fertilität liefert unsere Studie erste Erkenntnisse darüber, ob die Integration beider Dimensionen in Bevölkerungsprognosen deren Genauigkeit verbessern würde.“, sagt Adhikari.
Die Fertilitätsraten sind auf dem Land viel höher als in der Stadt, vor allem bei Frauen mit niedrigem Bildungsniveau. Deshalb ist es wichtig, den Zugang zu Familienplanung und Bildung auf dem Land zu verbessern. Berücksichtigt man die Unterschiede zwischen Stadt und Land und im Bildungsbereich, können in Zukunft wesentlich effektivere Fertilitäts- und Gesundheitspolitiken entwickelt und genauere Bevölkerungsprognosen erstellt werden. „Unsere Ergebnisse können politischen Entscheidungsträgern als Grundlage für eine ausgewogene Verteilung von Entwicklungsanstrengungen und Ressourcen dienen, um die Entwicklung von Infrastruktur- und Klimastrategien zu unterstützen, die sowohl das städtische Wachstum als auch die Bedürfnisse ländlicher Gebiete berücksichtigen“.
Originalpublikation
Adhikari, S.; Lutz, W.; KC, S.:
Asian Population Studies , 1–25. (2024)

Keywords
Fertilität, ländlich, städtisch, Fertilitätsunterschiede, Bildung, demografische und Gesundheitserhebungen